Windkraft
Für die Energieversorgung der Menschheit gewinnen die sogenannten erneuerbaren Energien zunehmend an Bedeutung. Hierzu zählt auch die Nutzung der Windenergie. Seit etwa drei Jahrzehnten bestimmen in vielen Gebieten Windenergieanlagen (WEA), meist gruppiert in Windparks, das Bild der Landschaft. Doch sind solche WEA ein Problem für die Vogelwelt?
Untersuchungen dazu haben gezeigt, dass Vögel und Fledermäuse durch Anflug an die Rotoren oder durch deren Sogwirkung tödliche verunglücken können. Bei Vögel sind vor allem Greifvögel gefährdet. Der Freistaat Sachsen beherbergt aufgrund seiner landschaftlichen Vielfalt eine Fülle von Greifvogelarten, von denen 13 regelmäßige Brutvögel sind. Zusammen mit Durchzüglern und Gastvögeln, wie Raufußbussard, Rotfußfalke oder Gänsegeier, wurden in Sachsen bislang 32 Greifvogelarten nachgewiesen. Die Lebensräume dieser Vögel sind vor allem das Offenland (Nahrungssuche) und Wälder, welche sie meist als Rast- und Brutplatz nutzen.
Damit überschneiden sich die Hauptlebensräume der Greifvögel häufig mit den potenziellen Standorten von WEA. Durch die beschlossene Energiewende der Bundesregierung kommt es immer häufiger zu Konflikten. Obwohl Klimaschutz, Energiepolitik und Erhalt der Biodiversität nicht im Widerspruch zueinanderstehen müssen, bedarf es einer umsichtigen Planung. Denn neben der Tatsache, dass die Vögel an den WEA verunglücken, entwickeln sie teilweise auch ein ausgeprägtes Meideverhalten. Dies kann so groß sein, dass die Greifvögel langjährige Brut- oder Rastplätze aufgeben, was einem Lebensraumverlust gleichkommt. Solche Langzeitfolgen oder kumulativen Effekte lassen sich nur schwer einschätzen.
Umso wichtiger sind das Monitoring der Greifvögel an potenziellen Standorten für WEA sowie der ausreichende große Abstand zwischen den Anlagen und Brut- bzw. Rastplätzen. Dies gilt vor allem bei windkraftsensiblen Arten. In Sachsen zeigen derzeit 9 der 13 Brutvogelarten ein starkes Meideverhalten, darunter auch Seeadler oder Rohrweihe.
2014 hat die Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten (LAG VSW) auf Grundlage langjähriger Untersuchungen eine Abstandsempfehlung für WEA bei ausgewählten Vogelarten erarbeitet. Dieser Bericht wurde in den folgenden Jahren durch weitere Untersuchungen für die einzelnen Bundesländer noch ergänzt. Im Frühjahr 2018 haben wir unter anderem eine Zusammenstellung des derzeitigen Informationsstandes für den Landkreis Mittelsachsen vorgelegt. Auf Grund solcher Berichte ist es den Behörden möglich, die einzelnen Fälle besser bewerten zu können.
Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) und die LAG VSW erarbeiten gerade Eckpunkte für einen Erfassungsstandard bei dem Genehmigungsverfahren von WEA. Als Grundlage dienen hierbei die bisherigen Erfahrungen aus der Kartierpraxis in den einzelnen Bundesländern. Dieser Standard soll bundesweit einheitliche Empfehlungen für die Erhebung und Bewertung von avifaunistischen Daten bereitstellen.